Nachfolger von McFit-Gründer Schaller: „Kann Rainer nicht ersetzen“

by Ana Lopez

Düsseldorf Unternehmer Rainer Schaller hat McFit zur größten Fitnesskette Deutschlands gemacht. Er starb im vergangenen Oktober bei einem Absturz eines Privatflugzeugs.

Jobst Müller-Trimbusch und Hagen Wingertszahn führen nun das Unternehmen unter dem Namen RSG-Group, der für Rainer Schaller Global steht. Weltweit trainieren 6,4 Millionen Menschen in den 1.000 Studios der Gruppe.

Erstmals sprachen die Manager gegenüber dem Handelsblatt öffentlich darüber, wie es nach dem Tod des Gründers weitergeht. Sie wollen sich stärker auf das Einstiegssegment konzentrieren und neue McFit-Studios eröffnen.

Schaller hatte in den vergangenen Jahren den Ausbau von Premiummarken wie John Reed vorangetrieben. „Die reinen Zahlen deuten darauf hin, dass sich im Discountbereich mit Fitness mehr Geld verdienen lässt“, sagt Müller-Trimbusch.

Die Branche leidet noch immer unter den Folgen der Pandemie, 2021 soll der Konzern nach eigenen Angaben 47,7 Millionen Euro Verlust gemacht haben. „Wenn wir am Jahresende an den Punkt kommen, wo wir vor Covid standen, dann hätten wir einen großen Schritt in die richtige Richtung gemacht“, sagt Wingertszahn.

Lesen Sie hier das vollständige Interview mit den neuen McFit-Managern:

Herr Müller-Trimbusch, Herr Wingertszahn, Sie waren nicht nur Teil der Unternehmensleitung, sondern auch Freunde von Rainer Schaller. Wie geht es Ihnen drei Monate nach dem Unfall?
Müller Tribusch: Den Umständen entsprechend. Das war für uns ein Schlag, der weit über das Fachliche hinausgeht.

Wingerts Zahn: Wir haben in den ersten Tagen nach dieser Tragödie irgendwie funktioniert, weil wir eine Menge Dinge zu klären hatten.

Müller Tribusch: Unser Tagesrhythmus hat sich merklich verändert. Rainer war 24/7 erreichbar und wir haben uns auch am Wochenende oder abends spontan ausgetauscht.

Kennen Sie jetzt die Hintergründe, warum das Kleinflugzeug im Oktober vor der Küste Costa Ricas abgestürzt ist?
Müller Tribusch: Wir werden es wahrscheinlich nie herausfinden, weil es in kleinen Flugzeugen keine Flugschreiber gibt. Es gibt keine Hinweise auf einen Pilotenfehler oder einen technischen Defekt. Das Wetter war nicht gerade einfach, aber das ist normalerweise nicht der einzige Grund für einen Absturz in der Luftfahrt.

Rainer Schaller im Jahr 2020

Der Unternehmer starb bei einem Flugzeugabsturz.

(FotoFRIEDEMANN VOGEL/EPA-EFE/Shutterstock)

Schaller hatte das Unternehmen seit der Gründung 1997 geführt. Was bedeutet es für die RSG Group, wenn der Chef über Nacht verschwindet?
Müller Tribusch: Das Unternehmen wurde von Rainer geprägt und die Leistungen sind mit seinem Gesicht verbunden. Es ist aber nicht so, dass die RSG Group unmittelbar nach seinem Verschwinden keine Existenz mehr hätte. Uns ist natürlich klar: Wir können Rainer nicht ersetzen – schon gar nicht, was die Geschwindigkeit seiner visionären Ausstrahlung angeht. Aber wir können den Unternehmergeist weiterführen und uns von seinen Visionen inspirieren lassen.

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Wingerts Zahn: Dabei hilft uns, dass Rainer in den letzten Jahren viele neue Mitarbeiter für die oberen Führungsebenen an Bord geholt und damit das Wissen im Unternehmen erweitert hat. Dennoch war das Unternehmen inhaltlich und strukturell extrem auf Rainer zugeschnitten. Eine unserer Aufgaben wird es sein, die Strukturen neu zu organisieren. Mittelfristig wollen wir auch das Führungsteam erweitern.

Wie ist die Stimmung in der Belegschaft?
Müller Tribusch: Als ich Rainers Tod verkünden musste, sah ich 100 weinende Gesichter. Viele haben sich inzwischen erholt. Nun geht es darum, Zuversicht auszustrahlen und den Mitarbeitern die Sicherheit zu geben, dass das Unternehmen auch nach Rainers Tod nicht führungslos dasteht. Wir sind ermutigt, dass die Belegschaft unsere ersten strategischen Entscheidungen unterstützt.

Was sind das für Entscheidungen?
Müller Tribusch: Wir wollen uns wieder stärker auf unser Kerngeschäft und die Profitabilität konzentrieren.

Kerngeschäft ist die Marke McFit mit 166 Studios in Deutschland. Was möchten Sie ändern?
Wingerts Zahn: Möglicherweise wurde die Marke in den letzten Jahren vernachlässigt. Darauf wollen wir uns wieder stärker konzentrieren und neue McFit-Studios in unseren Kernmärkten Deutschland, Österreich und Italien eröffnen. In einigen deutschen Städten wie Karlsruhe oder Heidelberg sind wir noch nicht vertreten. Diese Lücken wollen wir schließen. Wir planen auch, bestehende McFit-Studios zu modernisieren.

“Der Fitnessmarkt wächst nur homöopathisch”

Schaller war es, der mit McFit das Discount-Prinzip für Fitness begründete. Zuletzt versuchte er mit Marken wie John Reed in höherpreisige Segmente vorzudringen. Drehst du das jetzt zurück?
Müller Tribusch: Der Fitnessmarkt wächst nur homöopathisch und ist eher ein Verteilungskampf zwischen bestehenden Angeboten. Die reinen Zahlen deuten darauf hin, dass sich im Discountbereich mit Fitness mehr Geld verdienen lässt. Mit McFit können wir problemlos eine viel größere Anzahl von Mitgliedschaften erreichen. Dennoch sehen wir es nach wie vor als spannendes Feld, unsere Zielgruppen zu erweitern und das Premiumsegment nicht zu vernachlässigen.

Klingt, als würden Sie Schallers Strategie neu justieren.
Wingerts Zahn: Am Ende kommt es auf die richtige Mischung an. Wir haben den strategischen Vorteil, alle Fitnesssegmente von Discount bis Premium zu bedienen. In ausgewählten Städten wie Düsseldorf oder im ersten Wiener Gemeindebezirk bietet es sich an, Studios unter der Marke John Reed anzubieten. In den meisten anderen Regionen sind die Kunden jedoch nicht bereit, deutlich mehr als 25 Euro pro Monat für eine Mitgliedschaft auszugeben. Das müssen wir akzeptieren.

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Zur RSG Group gehören insgesamt 22 Marken – darunter ein Modelabel und das Geschäft mit Nahrungsergänzungsmitteln. Stellen Sie das auf die Probe?
Müller Tribusch: Wenn wir von Fokus sprechen, wollen wir auch das eine oder andere in Frage stellen. Rainer hatte zum Beispiel einen Plan für sein Modelabel, den keiner von uns verwirklichen kann.

Wingerts Zahn: Rainer war ein Hedonist. Er machte auch unternehmerische Dinge, die ihm Spaß machten – das war sein Recht als Alleininhaber.

Die Nebengeschäfte waren also nicht rentabel.
Müller Tribusch: Bei Nahrungsergänzungsmitteln muss man einiges falsch machen, damit es nicht wirkt. Auch das ist eine sinnvolle Verlängerung unserer Wertschöpfungskette. Das Modelabel ist keine logische Ergänzung zu unserem Kerngeschäft. Und ja, es ist nicht der Punkt, an dem sich die Investitionen auszahlen würden.

„Die Pandemie hat die Branche nachhaltig erschüttert“

Die Pandemie war eine schwierige Zeit für die Fitnessbranche, da Studios geschlossen wurden. Wie lief 2022, das erste Jahr ohne große Einschränkungen?
Wingerts Zahn: Grundsätzlich sind wir zufrieden. Aber die Pandemie hat die Branche nachhaltig erschüttert. Dadurch haben wir einige unserer Mitglieder verloren. Die meisten sind zurückgekehrt, aber unter anderen Bedingungen: Vor Covid waren Jahresverträge die Regel. Jetzt wollen Kunden flexible Mitgliedschaften mit monatlicher Kündigungsfrist. Das bedeutet für uns weitere Unsicherheiten.

McFit

25

Prozent

Die Standardmitgliedschaft bei McFit ist im vergangenen Jahr teurer geworden.

Experten haben das Ende vieler Fitnessstudios während der Pandemie vorhergesagt. Trainieren nicht viele zu Hause dauerhaft auf dem Stepper?
Müller Tribusch: Diese Prognosen waren Unsinn. Dass Hanteln während Corona ausverkauft waren, war ein vorübergehendes Phänomen, weil die Menschen keine Alternative hatten. Die meisten unserer Kunden haben jedoch zu Hause keine 80 Quadratmeter mehr, auf denen sie einen Crosstrainer und Gerätepark aufbauen können. Es mag Menschen geben, denen ein paar Kurzhanteln ausreichen – aber das sind nicht die typischen Fitnessstudiobesucher.

Der Januar ist aufgrund der guten Vorsätze traditionell Ihr stärkster Monat. Bleibt den Menschen trotz der Mehrkosten für Nahrung und Energie noch Geld für den Sport übrig?
Wingerts Zahn: Der Januar lief noch besser als der Jahresanfang vor Corona. Natürlich stellen wir in manchen Regionen und bei einzelnen Kunden eine gewisse Preissensibilität fest, aber das ist nicht die Regel.

„Heute ist das Geschäft härter“

Auch Sie sind teurer geworden. Im vergangenen Jahr haben Sie die Standardmitgliedschaft bei McFit von 19,90 Euro auf 24,90 Euro erhöht, also um 25 Prozent. Haben Sie die Inflation ausgenutzt?
Müller Tribusch: Nein, Nachholeffekte werden berücksichtigt. Aus rein wirtschaftlicher Sicht wäre eine Erhöhung schon vor Jahren angezeigt gewesen. Aber wir wollten die für viele Kunden wichtige Schwelle von 20 Euro nicht überschreiten. Als wir die Pioniere der Branche waren, haben wir leichtes Geld verdient. Das Geschäft ist heute härter: Wenn der Konkurrent um die Ecke zwei Euro billiger ist, macht das einen Unterschied.

Werbeplakat von McFit

Kürzlich erhöhte das Unternehmen den Preis für die Standard-Mitgliedschaft auf 24,90 Euro.

(Foto: IMAGO/Zukunftsbild)

Was sind Ihre größten Kostentreiber?
Müller Tribusch: Miete und Personal machen jeweils ein Drittel der Ausgaben aus. Durch die allgemeinen Preissteigerungen steigen die Mieten und auch wir sind von steigenden Energiekosten betroffen. Der Mindestlohn tat sein Übriges.

Was erwarten Sie vor diesem Hintergrund für das laufende Jahr?
Wingerts Zahn: 2023 wird noch herausfordernder. Wenn wir Ende des Jahres dahin kommen, wo wir vor Covid waren, dann hätten wir einen großen Schritt in die richtige Richtung gemacht.

Dann läge der konzernweite Nettogewinn der RSG-Gruppe wieder bei rund 26 Millionen Euro. Alleiniger Besitzer war Schaller bis zu seinem Tode. Wem gehört das Unternehmen jetzt?
Müller Tribusch: Es bleibt vollständig in Familienbesitz. Rainers Erben sind nun Eigentümer. Ein Familienunternehmen zu sein, macht auch einen großen Unterschied.

„Niemand hat bei uns auf Rainers Job gewartet“

Inwiefern?
Müller Tribusch: Bei einer Aktiengesellschaft stehen vier oder fünf weitere Manager zur Verfügung, wenn jemand ausscheidet. Bei uns hat niemand auf Rainers Job gewartet. Weder für mich noch für Hagen war es Teil meiner Karriereplanung, Leiter der RSG Group zu werden.

Klingt eher so, als hätte Schaller keine langfristige Nachfolgeplanung betrieben.
Müller Tribusch: Rainer war 54 und war voller Saft. Für ihn war es noch nicht an der Zeit, eine Nachfolge einzuleiten. Im Nachhinein kann man sagen, dass er offensichtlich nicht früh genug war. Aber wer kann mit einer solchen Katastrophe rechnen? Operativ konnten wir sofort handeln, weil Rainer alles gut aufgestellt hatte.

Wir haben viel über Fitness gesprochen. Wie oft trainierst du?
Wingerts Zahn: Ich plane, zwei Workouts pro Woche zu machen. Das habe ich letztes Jahr gemacht. Ich trainiere mit John Reed in Berlin und spiele gelegentlich Tennis.

Müller Tribusch: Bevor ich zur RSG Group kam, war ich jeden Tag im Studio. Seitdem fehlt mir die Zeit – und ich treibe jeden Tag zu Hause Sport.

Herr Müller-Trimbusch, Herr Wingertszahn, vielen Dank für das Gespräch.

Mehr: Der Zustand der Fitnessbranche in drei Grafiken erklärt

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